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Bärenherz – eine bärenstarke Hilfe!

Hallo, hier meldet sich Olivia!

Als ich im März 1998 in Leipzig geboren wurde, wussten meine Eltern schon, das ich einen schweren Herzfehler habe und nicht unbedingt eine Dickmadame werde. Ich kam mit 2080g und 41 cm Körperlänge auf die Welt und der Wahnsinn nahm seinen Lauf.

Lange mussten meine Eltern auf eine Diagnose warten, die dann wie folgt lautete: Cat-Eye Syndrom. Dies beinhaltete in meiner Person einen schweren Herzfehler, Iriskolobome bds., Analatresie, Ohranhängsel, Mikrozephalie und Minderwuchs, geistige Behinderung war fraglich. Nach der Geburt kam ich für einen Monat ins Frühchenhaus der Uni Leipzig und zwei Monate durfte ich zu Hause bei meinem Bruder und meinen Eltern sein.

Als ich nicht mehr trank und nicht zunahm, musste ich ins Herzzentrum nach Leipzig. Dort wurde im Juni die Aortenisthmusstenose operiert, am selben Tag wurde diese revidiert, d.h. noch einmal das Ganze. Der Stress war so groß, das meine Nieren versagten, ich in ein künstliches Koma versetzt wurde. Es gab sehr wenig Hoffnung. In dieser ganzen Zeit war meine Mami immer bei mir, das war aber nur möglich, weil mein Papa, meine Oma und mein Opa sich um meinen Bruder Oliver und alle anderen tagtäglichen Dinge kümmerten.

An dieser Stelle lass ich nun mal meine Mama weiter schreiben:

Nach 14 Tagen Koma machte man sich und uns mit dem Gedanken vertraut, die Geräte abzuschalten, da es inzwischen gar keine Hoffnung mehr gab. Wir sollten uns von Olivia verabschieden. Was das bedeutet, möchte ich hier gar nicht näher beschreiben, da mir jetzt schon wieder die Tränen kommen.

Wir beteten für Olivia und übergaben sie Gott. Sehr viele Freunde waren im Gebet und in Gedanken bei uns. Die Intensivmediziner meinten, Olivia schafft diese Nacht nicht mehr, ABER dank Gottes Hilfe fingen genau in dieser Nacht die Nieren wieder an zu arbeiten. Keiner hat das glauben können (wollen?) Aber es war DAS Wunder, welches wir auch heute noch im Herzen tragen.

Es dauerte lange, bis sich Olivia wieder so einigermaßen erholte. Leider funktionierten ihre Beine nicht mehr, Olivia hatte eine Hüftbeugekontraktur und eine vermeintliche Querschnittslähmung als Folge dieser Operation zu tragen. Weiterhin war sie dann auch noch von der Nahrungssonde abhängig. Im September 1998 wurde die Lungenschlagader gebändelt, um ein überfluten der Lunge zu vermeiden und als Chance für eine Gewichtszunahme, denn der eigentliche Herzfehler (DORV) wurde noch nicht korrigiert. Im Oktober 1998 ging es dann direkt in die Kinderchirurgie, wo Olivia ein Darmausgang gebastelt wurde. Auch bei dieser OP ging nicht alles glatt und die postoperative Intensivzeit nutzte Olivia dazu, die gesamte Ärzteschaft in Aufregungen zu versetzten.

Dann wurden wir nach Hause entlassen, leider währte diese Phase nur 5 Tage, denn Olivia bekam den Rota-Virus. Um diesen zu behandeln, ging es ins Torgauer Krankenhaus, wo sie bis zum 23. Dezember 1998 blieb. Wir konnten also unser erstes Weihnachtsfest zu Hause feiern, Olivia hatte zwar ein Gipsbein, welches sie sich im Krankenhaus geholt hat (Nähere Umstände sind mir als Mutter leider nicht bekannt!) aber wir konnten zusammensein.

Anfang 1999 ging es wieder ins Herzzentrum da es Olivia nicht gut ging, Medikamente wurden neu einstellt.

Olivia bekam im Februar 2001 noch eine kleine Schwester, Valentina, eine starke Persönlichkeit! Die beiden freundeten sich recht schnell an.

Inzwischen kam erschwerend dazu, das Olivia nichts hörte und sich leider nicht verständigen konnte. Wir Eltern versuchten, die Möglichkeiten eine Cochlear-Implant für Olivia abzuchecken, denn damit sie dann hören und auch sprechen lernen könnte.

Die ganze Geschichte ging dann im Jahr 2002 los. Sie bekam ein Cochlear-Implant und lernte Hören und Sprechen.

Deshalb meldet sich hier wieder Olivia:

Am 25. März 2003 hatte meine Mama einen OP Termin in der Orthopädischen Kinderklinik Aschau für mich arrangiert (!!!!), denn ich saß ja bis dato noch fest im Rollstuhl (Hüftbeugekontraktur mit Paraparese). Jetzt nicht mehr —-Ich kann laufen!!!!!!!!!!!

Diese ganze Aktion dauerte statt 3 Monate nur 2 Monate. Entgegen allen Prognosen brauchte ich unter der OP kein Fremdblut, musste nicht auf die Intensivstation, und es wurden beide Beine gleichzeitig operiert.

Weiterhin lag ich 4 Wochen im Gips, bekam in dieser Phase gleich Ergotherapie und alle Schwestern und Therapeuten haben versucht, es mir in meiner Lage so angenehm wie möglich zu machen.

Am 01. Mai 2003 bekam ich meine Orthesen an und fing am selben Tag zu laufen an. (das reimt sich sogar) Ich fing einfach an zu laufen, nach 5 Jahren !!! Na, da könnt ihr Euch vorstellen, wie meine Oldies gestaunt und geweint haben? So konnte ich dann laufend an 4-Punkt-Stützen am 16. Mai 2003 entlassen werden.

Es ist ein schönes Gefühl, nicht mehr im Rolli zu sitzen und auch „Höhenluft“ zu schnuppern. Ich komme überall hin, wohin ICH will, selbst den Spüler kann ich schon ausräumen.

Jetzt schreibt meine Mama weiter:

Diese ganzen Krankenhausaufenthalte, Therapien, Pflege, Familie, Berufstätigkeit seit 2004, Beantragungen div. Hilfsmittel, Bearbeiten von Widersprüchen ect. hat uns auch als Familie ziemlich lahm gelegt. Ich wurde krank, an Körper und Seele, konnte meine Grenzen nicht festlegen und war für niemanden mehr eine Hilfe. Die Pflege von Olivia gestaltete sich immer schwerer, die Orthesen gingen kaputt, das Cochlear- Implant versagte seinen Dienst, es musste ein Austauschprozessor her. Wir waren rund um die Uhr gefordert.

Logisch, das diese Situation nicht lange gut gehen konnte. Wir waren echt am Ende!

Da kam Hilfe.

Im November 2005 rief mich eine liebe Freundin an, um mir mitzuteilen, das das Bärenherz-Hospiz in Leipzig kranke bzw. behinderte Kinder betreut. Dadurch soll die Familie entlastet und auch mal Zeit für die Geschwisterkinder sein können.

„Das hieße ja, wir könnten unsere Olivia für ein paar Stunden betreuen lassen, während wir Zeit für die anderen beiden Kinder haben!? “

Irgendwie konnte ich das gar nicht so recht glauben. Aber was macht man in solch einem Fall? Ausprobieren! Genau das taten wir. Schon beim ersten Telefonat fühlte ich mich mit Olivia richtig gut aufgehoben. Erstes Kennen lernen mit den Schwestern, Umsehen in den Räumlichkeiten, liebevolle Annahme und das Ankommen im Bärenherz wurden uns zum Geschenk. Gerade richtig in der Vorweihnachtszeit. Also wurde ein 1. Termin abgesprochen und wir gaben Olivia (für einen halben Tag) voller Vertrauen in die liebevolle Obhut der Schwestern Heike, Annika, Franziska, Mandy und Ulli.

Und unsere Olivia? Sie meinte, sie hat jetzt Urlaub!!!

Klar hab ich 2-3 x angerufen, ob auch alles in Ordnung wäre……….das gehört einfach bei uns dazu, Sicherheit muss schon sein. Als Olivia dann am Abend heim kam, strahlte sie über beide Wangen und war einfach nur glücklich. Sie hatte Urlaub! Und wir auch!

Wenn Olivia längere Zeit im Bärenherz ist, wird von den Schwestern ein Plan für die Zeit geschmiedet und da ist es keine Seltenheit, das Olivia den Zoo besucht, schwimmen geht und an sehr vielen Unternehmungen teil nimmt. Da ist richtig was los….

Für uns ist das Bärenherz eine übergroße, schöne Erfahrung. Wir verbinden mit dem Bärenherz – gelebte Herzenswärme, gelebtes Angenommensein, gelebte Fürsorge und ein Stück nach Hause kommen.

Christian Morgenstern formulierte es so: „Zu Hause ist man nicht, wo man geboren wurde, sondern da, wo man geliebt wird”!

Unsere Olivia wird im Bärenherz geliebt, umsorgt und voller Güte betreut. Wir sind immer wieder neu ergriffen von der Herzenshaltung der Schwestern im Bärenherz. Die Schwestern freuen sich richtig sehr, wenn wir die Olivia zur Betreuung anmelden!!! Herzliche Freude !!

Vielen Dank, Ihr lieben Schwestern des Bärenherz – IHR SEID EIN SEGEN FÜR UNS!

Familie Lehmann
November 2006